IX AfD als rechtsextreme Partei

1. Die AfD ist nicht rechts, sondern rechtsextrem; sie kann noch demokratisch gewählt werden, deswegen ist sie aber noch lange nicht demokratisch,

Die AfD inszeniert sich als rechte Partei, die konservative Werte vertritt. Um sich diesen Spot zu sichern, behauptet sie, dass alle anderen Parteien, einschließlich der rechten Partei CDU/CSU, links seien. Das aber ist falsch. Denn die CDU/CSU hat sich, inmitten des Rechtsrucks der Mitte der Gesellschaft und aller Parteien, nach rechts statt nach links bewegt. Und die AfD ist eben weder rechts noch konservativ. Zwar behauptet die AfD, konkret Maximilian Krah, dass “politische Rechte […] die Bedingungen des Zusammenlebens” nicht “permanent neu aushandeln” (Krah, 2023, 93) wollen. Das aber heißt nicht, dass die AfD den Status Quo bewahren will. Vielmehr vertritt sie ein Welt- und Menschenbild, das sich direkt aus dem völkischen Rassismus seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert speist und sich explizit an den Nationalsozialismus andockt. Das macht die AfD zu einer rechtsextremen Partei. Entsprechend ist die bundesweite AfD vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft worden. Einzelne Ortsgruppen oder auch die Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden sogar mittlerweile vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ (Statista, 2024b) eingestuft. So, wie die NSDAP keine demokratische Partei, nur weil sie 1933 demokratisch gewählt wurde, ist die AfD keine demokratische Partei, nur weil sie wählbar ist.

Viele AfD-Politiker*innen haben schon lange vor ihrer AfD-Karriere rechtsextreme Biografien. Kontakte zu aktuellen oder früheren Mitgliedern der NPD sind nachgewiesen (Tagesspiegel, 2023). Die AfD-Bundestagsfraktion beschäftigt über 100 Mitarbeitende aus dem rechtsextremen Milieu, darunter auch Personen aus dem Umfeld von Reichsbürgern und Neonazis (Tagesschau, 2024a). Spitzenpolitiker wie Maximilian Krah und Björn Höcke ignorieren deutsche Kriegsverbrechen und nutzen gezielt nationalsozialistische Sprache und Symbole. So wurden beispielsweise Ende Mai 2024 kurz vor der Europawahl die AfD-Abgeordneten von der Rechtsaußen-Fraktion ID im Europaparlament ausgeschlossen, weil der AfD-Spitzenkandidat Krah die SS verharmloste (Deutschlandfunk, 2024). Kurz zuvor wurde Björn Höcke wegen der Verwendung einer verbotenen NS-Parole zu einer Geldstrafe verurteilt (Spiegel, 2024). Die demokratischen Parteien scheuen bislang noch ein Verbotsverfahren, da die Hürden dafür sehr hoch liegen und der Schaden durch ein gescheitertes Verbotsverfahren gravierender ausfallen könnte. Um dies alles zu kaschieren, inszeniert sich die afD als “nur rechts”. Doch, wer die AfD wählt, wählt also nicht einfach nur „rechts“ oder „konservativ“. Auch der Begriff “Neue Rechte” ist irreführend. Wer die AfD wählt, spricht sich für einen Polizeistaat aus, der auf Rassismus und Sexismus setzt, neoliberal auf soziale benachteiligte Gruppen pfeift und Andersdenkende verfolgen wird. Das ist als rechtsextrem oder faschistisch zu bewerten. Auch “populistische Partei” verschleiert diesen Wesenskern. Die AfD ist keine populistische Partei, sondern eine rechtsextreme bzw. faschistische Partei, die sich Populismus als rhetorische Strategie bedient. Und die Mehrheit der Wähler*innen und Symphatisant*innen hat überhaupt kein Problem damit.

2. Die AfD will die Demokratie abschaffen und einen autokratischen Staat errichten 

Eine Gesellschaft wird von einer Vielzahl von Gemeinschaften gebildet, die zur Heterogenität der Gesellschaft beitragen. Das führt zu produktiven Synergien und bereichernder Diversität, aber auch zu Interessenskonflikten. Diese können so groß sein, dass sie auch Konfliktpotenzial in sich bergen. Der demokratische Verfassungsstaat hat Mittel und Formen gefunden, um in der demokratischen Aushandlungsarena Kompromisse zu suchen und zu finden. Auch die Idee der Gemeinschaft setzt, freiheitlich gedacht, auf Aushandlungsprozesse.

Autokratische und diktatorische Systeme aber handhaben das anders. Sie verfolgen das Ziel, eine Gemeinschaft zu bilden, die identisch mit der Gesellschaft ist. Das funktioniert nur über Gleichschaltung und darüber, alle Andersdenkenden auszugrenzen oder auszuschalten. Eine solche gewaltsam erzeugte Gemeinschaft nannten die Nationalsozialisten „Volksgemeinschaft“. Das ist die logische Konsequenz des Ziels, eine Gemeinschaft zu kreieren, die von einem starken Staat befehligt wird. Genau das ist es, was die Staatsideologie der AfD ausmacht. Und genau deswegen ist auch seine Nähe zu China und Russland keineswegs zufällig. Sie hängt mit ihren Staats- und Gesellschaftsvorstellungen zusammen. Deswegen grenzen diese nicht nur jene aus dem Staatsvolk aus, die nicht in sein „Deutschland, aber normal“ passen – sondern eben auch alle, die seine Staatsvorstellungen nicht teilen: Er nennt sie zum Beispiel „Liberale“, „Feministen“, „Fremde“ oder „absurde Minigruppen“. Ihr erklärtes Ziel ist es, einen autokratischen Polizeistaat zu errichten, der alle BIJPoC sowie politische Feinde des Regimes systematisch verfolgt und benachteiligt. Dafür nötige Gesetzesänderungen sind im Moment einer Regierungsbeteiligung für den Rechtsextremismus greifbar.

      Seit 1945 war die Demokratie in Deutschland nie so bedroht wie jetzt durch die AfD. Sie ist zwar demokratisch wählbar, nicht aber Teil der Demokratie. Ganz im Gegenteil versucht die AfD nicht, demokratische Prozesse zu gestalten. Sie versucht, sie schlecht zu machen, um sie zu zerstören. Sie behauptet schlicht: Da die Demokratie nicht jedes persönliche Interesse vertrete, belege dies, dass es keine Demokratie gäbe. 

Den Interessen jeder einzelnen Person vollumfänglich Rechnung zu tragen, das vermag Demokratie tatsächlich nicht. Im Unterschied zu einer Diktatur aber, die von einer Gleichschaltung der Gesellschaft und Uniformierung aller Menschen entlang staatlich vorgegebener Normalität lebt, strebt die Demokratie danach, die vielfältigen Interessen aller Mitglieder einer Gesellschaft bestmöglich zusammenzuführen. Dazu trägt bei, dass verschiedene politische Parteien unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Entlang von regelmäßigen Wahlen werden so Regierungsbündnisse und Koalitionsverträge erarbeitet. Diese müssen auf Kompromisse setzen. Dadurch läuft Demokratie darauf hinaus, dass manche Interessen stärker vertreten werden als andere. Das aber geschieht auf Basis des Grundgesetzes, das Freiheiten und Rechte aller sicherstellt. Insofern Mehrheitsverhältnisse in einer Demokratie nicht statisch sind, bleibt dies ein dynamisches Miteinander. Deswegen setzen Demokrat*innen darauf, einander respektvoll zu begegnen. 

Wer je einer Bundestagsdebatte zuschaute, weiß, dass dies weder einfach noch selbstverständlicher Usus ist. Politiker*innen aller Parteien schauen bei ihnen unliebsamen Reden gern mal aufs Handy oder schwatzen demonstrativ desinteressiert mit Kolleg*innen. Hinzukommen Zwischenrufe, die sich nicht immer auf dem angemessenen Niveau bewegen. In der aktuellen Legislaturperiode werden Selbstverständnisse einer Koalition bis an die Grenze des Machbaren ausgereizt. Grüne Positionen und die der FDP sind maximal inkompatibel. Dass die FDP aus der Regierung heraus ihre Koalitionspartner attackiert, unterhöhlt demokratische Mindestanforderungen. 

All dies weiß die AfD zu nutzen und zu eskalieren. Das schließt ein, dass die AfD alle demokratischen Parteien zu ihrem Feindbild erklärt. Eine politische Strategie der AfD ist es, Hass und Wut auf Politiker*innen und demokratische Parteien zu schüren und hochzuheizen. Manchmal werden einfach nur Namen von demokratischen Politiker*innen in den Raum gegrölt und der Saal reagiert mit einem Buh-Gegröhle. Ziel der AfD-Hetze scheint es, Unsicherheit und Chaos zu schüren, um sich politische Räume zu erkämpfen. Angriffe auf die CDU/CSU zielen offensichtlich darauf ab, ihr die rechte Mitte streitig zu machen, um diese selbst besetzen zu können. Andere Parteien wie SPD, Grüne oder Die Linke werden als anti-deutsch diffamiert. Das korreliert damit, dass die autokratische Staatsidee der AfD den Vielparteienstaat, also die parlamentarische Demokratie, überwinden und durch faschistische Strukturen ersetzen will.