Vergangene und gegenwärtige rechtsextreme Politik setzte von Anfang an auf Populismus als Manipulation und entsprechende Emotionalisierung (Angst und Hass) sowie Lügen und Vereinfachungen. Rechtsextreme Denkfabriken und Politiker verherrlichen Krieg, Gewalt und militärischen Terror als notwendige Mittel eines Umsturzes, aus dem jedoch ein autokratisches System hervorgehen wird, dass die Gesellschaft gleichschalten will und in dem nur noch eine Elite von führenden Personen über die Ressourcen verfügen wird, relativ selbstentschieden und frei zu leben.
Entmenschlichung ist nicht nur eine Realität der Vergangenheit – sie kann sich jederzeit erneut zuspitzen und es gilt fortwährend: Wehret den Anfängen. Eine vielfältige Demokratie ist anstrengend, aber sie lohnt sich – für alle. Deutschland profitiert von anderen Teilen der Welt und eine Abschottung ist nicht nur aus moralischer Sicht mit Blick auf eine globale Verantwortung verwerflich, sie ist schlichtweg unmöglich, weil es eben jene koloniale Vergangenheit gibt, die paradoxerweise ihr eigenes Gespenst erzeugt hat, indem alles miteinander in Verbindung gebracht wurde. Wer sich angesichts dieser Realitäten wünscht, dass die Grenzen wieder dicht gemacht werden, oder sogar wünscht, wieder zu der scheinbaren Größe der Kolonialzeit zurückzufinden und aus diesem Grund Parteien stärkt, die eine rechtsextreme Politik vertreten, muss sich nicht nur fragen, welches Leid für andere Menschen damit einherging, -geht und -gehen wird, sondern auch, was das für ihn oder sie selbst bedeuten könnte. Auch weiße Deutsche, die sich bislang nicht von den Zukunftsszenarien der AfD bedroht fühlen, sollten noch einmal genauer hinschauen. Völkische Homogenisierungsbestrebungen richten sich auch immer gegen Mitglieder der eigenen Gruppe, wenn sie aus politischen und weltanschaulichen Gründen als Feind*innen identifiziert werden – Politiker*innen, Aktivist*innen und andere Menschen, die sich öffentlich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren und aussprechen, werden seit Jahren immer offensiver mit Hass und Hetze bedroht und zunehmend auch Opfer von Gewalttaten. In diesem Zusammenhang sei auf das bekannte Zitat des evangelischen Pfarrers Martin Niemöller (1892–1984) verwiesen, das uns daran erinnern muss, dass ein „Nie wieder!“ in diesen Tagen von eklatanter politischer und gesellschaftlicher Relevanz ist: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschaftler*innen holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschaftler*innen. Als sie die Juden_Jüdinnen holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ (United States Holocaust Memorial Museum, 2023). Aktuell stehen wir in einem historisch gebauten Mimenfeld, das gerade alles zu wiederholen scheint. Eine Umfrage der EU ergab, dass Deutschland derzeit das rassistischste Land der EU ist. Dass Antisemitismus in Deutschland rigoros verfolgt wird, ist Teil einer konsequenten Verantwortungsübernahme für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nie wieder heisst aber auch, jedem anderen Rassismus keinen Raum zu geben. Tatsächlich aber passiert aktuell das Gegenteil. Antisemitismus greift Raum. Die Mehrheit der weißen Bevölkerung toleriert anti-muslimischen Rassismus nicht nur, sie vertritt ihn sogar offensiv und laut. Auch Rassismus gegen Schwarze und Antiziganismus greifen aus der Tiefe der Geschichte heraus Raum. Wer dagegen protestiert, wird vielerorts diffamiert. Statt den Schutz des juristisch verbürgten Dritten Geschlechtes ernst zu nehmen, verfügten die Landesregierungen in Sachsen, Hessen und Bayern das Verbot geschlechtergerechter Sprache. An Schulen und in anderen Bildungseinrichtungen werden jene, deren Muttersprache nicht deutsch ist, systematisch behindert und ausgegrenzt. Weiterführende Schulen kommen ihrer Aufgabe, Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen differenziert einzubinden, nicht nach. Während Menschen mit Hijab offenen Anfeindungen ausgesetzt sind, wird forciert, christliche Kreuze in Schulen aufzuhängen. Die MItte der Gesellschaft muss sich entscheiden. Will sie der AfD nach rechts folgen; oder auf Brandmauern setzen? Die Zukunft der AfD entscheidet sich in der „Mitte der Gesellschaft“.
Die nächsten Wahlen werden nicht erst an den Wahlurnen entschieden werden. Sie werden überall dort entschieden, wo der AfD widersprochen wird. Ob die AfD die Zukunft dieses Landes nachhaltig zu bestimmen vermag, wird nicht nur von denen abhängen, welche die AfD wählen, sondern auch von denen, die dies nicht tun. Und von denen, die diese fehlenden Wahlstimmen erkämpfen.
Deswegen ist dies ein Appell an alle, die sich in ihrer Komfortzone einmauern und von dort aus mit dem Zeigefinger auf die AfD zeigen, um dann nichts weiter unternehmen zu müssen. „Wehret den Anfängen“ geht nicht aus dem Schaukelstuhl heraus. Und Zukunft geschieht nicht. Zukunft wird gestaltet. Was sein wird, ergibt sich aus dem, was wir aus der Vergangenheit machen, um die Gegenwart zu gestalten. Nichts geschieht. Alles wird gemacht. Das ist ein beruhigender Gedanke. Wer nichts macht, überlässt zwar anderen die Zukunft. Aber wer sie gestalten will, der wird mehr als ein Wörtchen dabei mitreden, wo die AfD im Herbst 2024 und in allen Wahlen danach liegen wird. Wir sind viele. Zusammen können wir Brandmauern bauen und Gräben ausheben, um den braunen Sumpf auszutrocknen.