Wen unterstützt die Familienpolitik der AfD?
Die Programme und das dort vorgestellte Weltbild der AfD sind zutiefst frauenfeindlich und richten sich gegen eine Gleichstellung der Geschlechter (Lang, 2017, S. 61-78). Im Grundsatzprogramm der AfD heißt es: „Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur traditionellen Familie als Leitbild. Ehe und Familie stehen nach dem Grundgesetz zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates.“ (AfD, 2016, S. 09) Das klingt harmloser, als es ist. Denn diese Programmatik folgt dem völkischen Grundgedanken, dass nur “weiße Deutsche” legitime Deutsche seien – und dass sie es sind, die Kinder, viele Kinder, bekommen sollen, damit der “deutsche Volkskörper” sich nicht “abschaffe”. Diesem Ziel ist die Programmatik der Partei angepasst. Das schließt ein, dass Frauen und Männer in längst überholte Rollenbilder zurückgedrängt werden sollen. Frauen sollen primär ihrer Aufgabe als Mutter und Ehefrau nachkommen. Dass sie vorwiegend als Gebärende betrachtet werden, grenzt das Recht auf körperliche Selbstbestimmung von Frauen ein. Dazu passt, dass nach der AfD Schwangerschaftsabbrüche noch weiter erschwert werden sollen. Zudem soll Frauen als Müttern ein Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Raum oder bei Erwerbsarbeit abgesprochen werden. Immer wieder betont die AfD, dass Frauen gar nicht arbeiten sollen – und wenn, dann in “Frauenberufen” und in Teilzeit. Entsprechend stimmte die AfD-Fraktion des Sächsischen Landtags 2023 gegen Maßnahmen, die dem Gender Pay Gap entgegenwirken würden (Sachsen-Fernsehen, 2023). Es läge ja in der Natur der Sache, dass Männer und Frauen verschieden seien und folglich auch verschieden entlohnt werden sollten. Unterstützende Leistungen für Eltern will die AfD wiederum an ein normativ heterosexuelles Familienmodell binden. Das heißt konkret, dass Alleinerziehende in Ihrer Alltagsrealität und Lebensleistung abgewertet werden und nicht in jedem Fall auf finanzielle Unterstützung vertrauen können (AfD, 2017). Zudem gehört es zur Fortpflanzungspropaganda der AfD, alle Geschlechter zu attackieren, die aus diesem Mann-Frau-Eltern-Normalitäts-Modell ausscheren.
Ein Verbot des „dritten Geschlechts” und Homosexualität, samt Rückkehr zu gewaltvollen „Umerziehungen“ von Homosexuellen, ist der AfD ebenso wichtig wie das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen. Symbolisch richtet sich dieser Kampf auch gegen geschlechtergerechte Sprache und die Gender Studies (Lesben- und Schwulenverband, ca. 2021).
Während die AfD Errungenschaften bei der Gleichstellung aller Geschlechter bekämpft, eignet sie sich eben diese von ihr missbilligten Erfolge an. Die Errungenschaften zur Gleichstellung der Geschlechter werden instrumentalisiert, um dem Islam die Zugehörigkeit zu Deutschland abzusprechen. Fürsorge heuchelnd, verurteilt die AfD den Islam als homo- und transphob sowie frauenfeindlich: „Frauen trauen sich nicht mehr auf die Straße“ (Zitat nach Nonnenmann & Thorwarth, 2019). Aus dem Mund einer Partei, die Frauen offen auf Lustobjekte und Gebärmaschinen reduziert und Maßnahmen gegen Homo- und Transsexualität anstrebt, klingt das alles andere als plausibel. Sexismus oder Homophobie im Islam werden von der AfD scheinverurteilt, um die eigene sexistische, homo- und transphobe Hetze rhetorisch zu tarnen und sie dadurch nur umso intensiver ausüben zu können.
Im EU-Parteiprogramm der AfD etwa heißt es: „Der Unterdrückung muslimischer Frauen stellt sich die AfD entgegen und fordert in allen Bereichen die Gleichberechtigung von Mann und Frau.“ (AfD, 2021, S. 86)
Gezielt macht die AfD hier wieder speziell Musliminnen und das Narrativ der unterdrückten zu rettenden Frau, die von außen emanzipiert werden muss, zu ihrem Projekt und offenbart zudem ihren statischen und konservierenden Blick auf Menschen mit migrantischen Familienbiographien. Doch muslimische Religionszugehörigkeit steht nicht ursächlich für ein Weltbild, in dem Frauen unterdrückt werden, da der Islam eine vielfältige Religion mit sehr unterschiedlichen Auslegungen des Geschlechterverhältnisses ist (Rumpf et al., 2003). Die Unterdrückung von Frauen ist Ausdruck des Patriarchats, einer jahrtausendealten Gesellschaftsordnung, in der Männer Macht und Kontrolle über Frauen ausüben (Cyba 2010, S. 17-22). Dieses Denken ist unabhängig von Religion weltweit tief verankert, auch in Deutschland (Kalkstein et al., 2022). Auch viele muslimische Familien leben genau nach dem von der AfD als normativem Ideal angestrebten Familienbild, sprich: sie machen Ausbildungen, studieren, arbeiten, ziehen Kinder auf und engagieren sich ehrenamtlich. Ihnen Zugänge zu staatlichen Unterstützungssystemen zu verwehren, ist rein rassistisch motiviert.